Wenn du mit Python anfängst, stößt du schnell auf eine einfache, aber mächtige Wahrheit: alles, was ein Programm tut, basiert auf nur drei grundlegenden Strukturen. Keine komplizierten Konzepte, keine seltsamen Syntaxregeln - nur Sequenz, Auswahl und Wiederholung. Diese drei Bausteine sind die DNA jeder Python-Anwendung, von einfachen Skripten bis hin zu großen Webanwendungen.
Sequenz: Die natürliche Reihenfolge
Die einfachste Struktur ist auch die offensichtlichste: Befehle werden nacheinander ausgeführt, von oben nach unten. Das ist die Standardablauflogik. Keine Bedingungen, keine Schleifen - einfach nur: mach das, dann das, dann das.
Stell dir ein Rezept vor: Wasser kochen, Nudeln hineingeben, 10 Minuten kochen, abgießen. Das ist eine Sequenz. In Python sieht das so aus:
name = input("Wie heißt du? ")
alter = int(input("Wie alt bist du? "))
print(f"Hallo {name}, du bist {alter} Jahre alt.")
Jede Zeile wird genau in dieser Reihenfolge ausgeführt. Keine Übersprünge, keine Abzweigungen. Das ist der Standardweg, wie ein Computer Befehle abarbeitet - und es funktioniert perfekt für Aufgaben, die linear ablaufen.
Wenn du eine Datei einliest, Daten verarbeitest und dann eine Ausgabe schreibst, nutzt du die Sequenz. Selbst komplexe Programme beginnen mit einer Sequenz. Sie ist die Grundlage, auf der alles andere aufbaut.
Auswahl: Entscheidungen treffen
Programme werden interessant, wenn sie entscheiden können. Was, wenn der Benutzer ein falsches Passwort eingibt? Was, wenn die Temperatur über 30 Grad steigt? Hier kommt die zweite Struktur: Auswahl.
In Python verwendest du if, elif und else, um zwischen verschiedenen Pfaden zu wählen. Das ist kein Zufall - es ist die logische Antwort auf die Frage: Was soll passieren, wenn X der Fall ist?
temperatur = 25
if temperatur > 30:
print("Heute ist es sehr heiß.")
elif temperatur > 20:
print("Angenehmes Wetter.")
else:
print("Es ist kalt.")
Diese Struktur ist überall: Login-Systeme prüfen Passwörter, E-Commerce-Seiten berechnen Versandkosten, Apps zeigen unterschiedliche Menüs je nach Benutzerrolle. Ohne Auswahl wären Programme statisch - sie könnten nicht auf Eingaben oder Daten reagieren.
Ein echtes Beispiel: Ein Online-Shop prüft, ob ein Kunde Mitglied ist. Wenn ja, erhält er 10 % Rabatt. Wenn nicht, wird der Normalpreis berechnet. Das ist nicht kompliziert - aber es macht den Unterschied zwischen einem einfachen Skript und einem intelligenten System.
Wiederholung: Die Kraft der Schleifen
Stell dir vor, du musst 100 Dateien umbenennen. Oder 50 Benutzerdaten überprüfen. Du willst nicht 100 Zeilen Code schreiben - und Python lässt dich das auch nicht tun. Hier kommt die dritte Struktur: Wiederholung.
Python bietet zwei Hauptarten von Schleifen: for und while.
for ist ideal, wenn du weißt, wie oft du wiederholen willst - zum Beispiel über eine Liste:
namen = ["Anna", "Bernd", "Claudia"]
for name in namen:
print(f"Willkommen, {name}!")
while nutzt du, wenn du nicht weißt, wie oft es laufen muss - solange eine Bedingung wahr ist:
versuch = 0
passwort = "geheim"
while versuch < 3:
eingabe = input("Gib das Passwort ein: ")
if eingabe == passwort:
print("Zugang gewährt.")
break
versuch += 1
else:
print("Zugriff verweigert.")
Wiederholung ist, was Programme automatisch macht. Du brauchst keine manuelle Wiederholung - Python erledigt das für dich. Egal ob du Daten aus einer Datenbank holst, Dateien in einem Ordner bearbeitest oder eine Animation in einem Spiel steuerst - Schleifen sind die treibende Kraft.
Wie diese drei Strukturen zusammenarbeiten
Die Magie passiert, wenn du sie kombinierst. Ein echtes Programm nutzt alle drei - oft in derselben Funktion.
Stell dir ein kleines Tool vor, das deine Einkaufsliste verarbeitet:
- Es liest die Liste (Sequenz).
- Es prüft, ob ein Artikel teurer als 10 Euro ist (Auswahl).
- Es zählt alle teuren Artikel (Wiederholung).
einkaufsliste = [
{"name": "Brot", "preis": 2.50},
{"name": "Käse", "preis": 8.00},
{"name": "Wein", "preis": 15.99},
{"name": "Milch", "preis": 1.20}
]
teure_artikel = []
for artikel in einkaufsliste:
if artikel["preis"] > 10:
teure_artikel.append(artikel["name"])
if len(teure_artikel) > 0:
print("Teure Artikel:", ", ".join(teure_artikel))
else:
print("Keine teuren Artikel gefunden.")
Diese drei Zeilen Code enthalten alle drei Strukturen:
- Sequenz: Die Liste wird definiert, dann wird die Schleife gestartet, dann wird die Ausgabe erzeugt.
- Auswahl: Die
if-Abfrage prüft den Preis. - Wiederholung: Die
for-Schleife durchläuft alle Einträge.
Das ist Python - klar, direkt, und dennoch extrem mächtig.
Warum das wichtig ist
Viele Anfänger denken, Programmieren bedeutet, sich Tausende von Befehlen zu merken. Das stimmt nicht. Es geht darum, die drei Säulen zu verstehen - und sie kreativ zu kombinieren.
Wenn du diese drei Strukturen beherrschst, kannst du jede logische Aufgabe lösen, die ein Computer erledigen kann. Ob du eine App schreibst, eine Datenanalyse durchführst oder ein Spiel programmierst - du baust alles mit diesen Grundpfeilern.
Es ist wie mit Bausteinen: Du brauchst nicht 100 verschiedene Formen. Mit drei Grundformen - Quadrat, Rechteck, Dreieck - kannst du alles bauen, was du willst. Python macht das mit Sequenz, Auswahl und Wiederholung.
Was du als Anfänger tun solltest
Wenn du gerade anfängst, übe diese drei Strukturen bewusst:
- Schreibe ein Skript, das drei Zahlen addiert - das ist Sequenz.
- Erweitere es: Wenn die Summe über 100 liegt, gib eine Warnung aus - das ist Auswahl.
- Jetzt lasse es 5 Mal laufen, mit anderen Zahlen - das ist Wiederholung.
Du wirst sehen: Sobald du diese drei Strukturen im Kopf hast, wird Programmieren nicht mehr wie ein Rätsel - sondern wie ein Spiel, bei dem du Regeln selbst gestaltest.
Was du nicht brauchst
Es gibt viele Begriffe, die Anfänger verwirren: Objektorientierung, Funktionen, Module, Dekoratoren. Das ist alles wichtig - aber nicht, wenn du gerade anfängst.
Frage dich nicht: Was ist eine Klasse? Frage dich: Kann ich diese Aufgabe mit Sequenz, Auswahl und Wiederholung lösen?
Wenn die Antwort ja ist - dann bist du auf dem richtigen Weg. Die anderen Konzepte kommen später, wenn du tiefer gehst. Aber diese drei? Die brauchst du ab Tag eins.
Sind diese drei Strukturen nur für Python gültig?
Nein. Diese drei Strukturen - Sequenz, Auswahl und Wiederholung - sind die Grundlage fast aller Programmiersprachen, von C über Java bis JavaScript. Python macht sie nur besonders klar und einfach zu lesen. Das ist einer der Gründe, warum Python so gut für Anfänger geeignet ist.
Kann man ohne Schleifen programmieren?
Theoretisch ja - du könntest jede Aufgabe mit Hunderten von Zeilen Code manuell wiederholen. Praktisch nein. Ohne Schleifen wären Programme unbrauchbar lang und schwer zu warten. Schleifen sind nicht optional - sie sind die effiziente Lösung für wiederkehrende Aufgaben.
Warum gibt es zwei Arten von Schleifen in Python?
Weil unterschiedliche Aufgaben unterschiedliche Lösungen brauchen. for ist perfekt, wenn du eine feste Menge an Daten durchgehst - wie eine Liste oder einen Bereich von Zahlen. while ist besser, wenn du auf eine Bedingung wartest - wie eine Benutzereingabe oder eine Netzwerkantwort. Beide haben ihren Platz.
Ist eine Funktion eine eigene Struktur?
Nein. Eine Funktion ist ein Werkzeug, um Code zu organisieren - aber sie nutzt immer noch die drei Grundstrukturen. In einer Funktion kannst du Sequenzen, Auswahl und Wiederholung kombinieren. Die Funktion selbst ist kein neuer Baustein - sie ist ein Behälter für diese Bausteine.
Was kommt nach diesen drei Strukturen?
Nachdem du diese drei beherrschst, lernst du, wie man sie in Funktionen, Klassen und Modulen organisiert. Dann kommst du zu fortgeschrittenen Themen wie Fehlerbehandlung, Dateioperationen oder Datenbanken. Aber alles baut auf diesen drei Grundlagen auf - sie sind der Boden, auf dem alles andere steht.